Biographie

Die Kindheit
Neben den Erfahrungen Michael Endes in Garmisch-Partenkirchen gibt es noch zahlreiche weitere prägende Erlebnisse außerhalb des oberbayerischen Erholungsortes:

1931 zieht die Familie Ende nach München-Obermenzing in die Villa des Bildhauers Joseph Floßmann (heute Marsopstraße 19). Hier beginnt für Michael die Zeit, die er selbst rückblickend als "glücklichste [s]einer Kindheit" bezeichnet.1 Michael lernt seinen Nachbarn, den Maler Fanti, kennen, einen ausgezeichneten Geschichtenerzähler, der zudem noch die wundervollsten Illustrationen zeichnet. Zudem wird er von einer weiteren Nachbarsfamilie beeinflusst: Frau Buchner gewährt während des Winters einer Zirkusfamilie ihr Haus als Unterkunft.

In dieser Zeit verzeichnet Edgar Ende den Höhepunkt seiner kreativen Tätigkeit: Er wird allmählich im In- und Ausland bekannt. Somit bessert sich die finanzielle Situation und man kann nach vier Jahren ein Atelier in der Kaulbachstraße 90 (München-Schwabing) beziehen. Dieser große Raum muss einerseits als Wohn- und Schlafgelegenheit für die Familie, andererseits auch als Arbeitszimmer für den Maler dienen. Das Atelier ist ohne Fenster, aber mit einem Glasdach ausgestattet. Solche Umstände, unter denen der junge Michael aufwachsen muss, haben "natürlich eine Signifikanz". 2

Der Vater fertigt seine Werke auf eine ganz besondere Weise an, die Michael tief beeindruckt: Um Ideen für seine Bilder zu finden, wird das Atelier verdunkelt und der Künstler verbringt manchmal Tage sitzend oder auf einer Chaiselongue liegend in seinem dunklen Zimmer. Wenn sich dann Bilder in seinem Bewusstsein einstellen, nimmt er einen eigens hierfür konstruierten Bleistift, an dem er ein kleines Licht angebracht hat, und skizziert in der Dunkelheit seine Einfälle.

Jedoch unterbindet die Reichskulturkammer Edgar Endes beginnende Erfolge im In- und Ausland, er wird unter Berufsverbot gestellt. Luise muss die Familie allein ernähren, die finanzielle Lage verschlechtert sich zusehends. Da Edgar heimlich als Künstler weiterarbeitet, lernt Michael schon als Kind aus Angst vor Konzentrationslagern mit Außenstehenden über nichts zu sprechen, was er zu Hause hört.

Mit zwölf Jahren steht der Eintritt in die Hitlerjugend bevor, doch Michael findet einen Weg, um dies zu vermeiden: Er nimmt Reittraining bei der SA. Kurz darauf muss er den Bombenangriff auf München miterleben, zwei Jahre später den auf Hamburg, wo er bei seinem Onkel zu Besuch ist. Auf der Rückreise nach München schreibt Michael vom Krieg entsetzt sein erstes Gedicht.

Im letzten Kriegsjahr brennt das Atelier des Vaters ab, über 250 Gemälde und Zeichnungen, die gesamte Druckgraphik und die Radiervorlagen von Edgar Ende werden vernichtet. Da er selbst 1941 eingezogen worden ist, muss Luise allein in eine Wohnung in München-Solln umsiedeln. Kurz nach Ende des Krieges kehrt der Künstler aus amerikanischer Gefangenschaft zurück.


Die Nachkriegszeit
In Stuttgart, wo Michael Ende die Waldorfschule besucht, ist er von der Literatur und der Kunst fasziniert. Zwar hat er sich früher schon mit Rudolf Steiner und seinem Werk befasst, darüber hinaus interessiert er sich auch für alle anderen philosophischen Systeme, die als Grundlage ein magisches Weltbild haben. "Doch er konnte keines Meisters Jünger werden; ins Netz einer geschlossenen Welt- und Jenseitsanschauung eingezwängt, wäre er erstickt". 3 Zudem findet der junge Autor in allen philosophischen Systemen keine befriedigende Antwort über Sinn und Zweck von Kunst.

In der neuen Stadt lernt Michael auch die expressionistische und dadaistische Dichtung kennen, vor allem liest er Gedichte von Rainer Maria Rilke, Stefan George und Georg Trakl. Hier in Stuttgart finden zudem seine ersten schauspielerischen Versuche statt. Da sich das deutsche Volk in der Nachkriegszeit sehr für Theater interessiert, erlebt der Theaterbetrieb einen großen Aufschwung. In dieser Zeit entsteht Michael Endes Erstlingswerk "Denn die Stunde drängt", das Hiroshima gewidmet ist. Dieses Stück wird aber niemals aufgeführt. Der erste Text des Autors wird erst 1947 veröffentlicht: Die Esslinger Zeitung druckt sein Sonett "Der Gaukler" ab. Ein Jahr später kauft sich der junge Schriftsteller eine lang ersehnte Gitarre, um sich bei eigenen Gedichten und Chansons begleiten zu können.

Michaels größter Wunsch ist es, für das Theater zu schreiben. Da er sich allerdings ein Universitätsstudium nicht leisten kann, muss er es auf dem praktischen Weg versuchen: 1948 erhält er ein Stipendium an der Schauspielschule Otto Falckenberg der Münchner Kammerspiele. Jedoch kommt er nach seiner Ausbildung an ein Provinztheater, die Landesbühne Schleswig-Holstein. Hier darf er kein einziges Mal den "romanischen Liebhaber" spielen, für den er eigentlich ausgebildet worden ist, sondern muss ständig alte Männer und Intriganten darstellen.

1951 kehrt Michael Ende nach München zurück und präsentiert dort die Komödie "Sultan hoch zwei", doch er erlangt für sein Stück keine Aufmerksamkeit. Im Gegensatz dazu scheint sein Vater zu dieser Zeit einen Höhepunkt verzeichnen zu können: Er wird Präsident der Großen Münchner Kunstausstellung im Haus der Kunst und Mitbegründer des Deutschen Künstlerbundes. Aber seine Werke sind zu modern, sie lassen sich nur schwer verkaufen.

Zwei Jahre nach Michaels Rückkehr aus München trennen sich schließlich seine Eltern, der Vater zieht in die Schellingstraße 26 zu seiner neuen Lebensgefährtin Lotte Schlegel. Michael setzt alles daran, dass seine Eltern wieder zueinander finden, jedoch vergebens. Er leidet sehr darunter, da er nun auch allein für den Lebensunterhalt für sich und seine Mutter verantwortlich ist.

Auch Lise bereitet es großen Kummer: Sie versucht sich mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben zu nehmen. Doch Michael schafft es, ihr neuen Lebensmut zu verleihen. Sie beginnt, Bilder zu malen und findet damit Anerkennung.


Aufstieg und Krisen
In der letzten Nacht des Jahres 1951 lernt Michael seine Lebensgefährtin und spätere Ehefrau kennen: die Schauspielerin Ingeborg Hoffmann. Während er hinter einer Theke, die mit Plastik-Efeu überladen ist, den Barkeeper mimt, kommt Ingeborg direkt auf ihn zu und zitiert: "Angelehnt an die Efeuwand dieser alten Terrasse..." Der junge Autor erkennt die Textstelle sofort und antwortet: "Mörike". So finden die beiden zueinander und verbringen gemeinsam 33 Jahre bis zum plötzlichen Tod Ingeborgs.

Die Schauspielerin beeinflusst ihren Lebensgefährten immens. Mit ihr engagiert er sich für die Humanistische Union, für die Menschenrechte und den Frieden. Durch sie kann er Kontakte zu verschiedenen politisch-literarischen Kabaretts schließen, zum Beispiel zu "Die kleinen Fische" oder der "Lach- und Schießgesellschaft". Ersteres wird von Therese Angeloff geleitet, die Michael Ende 1955 einen Auftrag zum 150. Todestag von Schiller gibt. Dabei erreicht er Erfolg, wird auch von anderen Kabaretts engagiert und kann sich zum ersten Mal mit Schreiben sein Einkommen verdienen. Sogar am Volkstheater München führt er mehrmals Regie. Durch seine Lebensgefährtin darf Michael ab 1954 als Filmkritiker für den Bayerischen Rundfunk arbeiten, wobei er viel Erfahrung sammeln kann. Trotzdem ist sein Gehalt sehr niedrig, sodass er später berichtet: "Meine finanziellen Umstände waren so finster, dass ich [...] von einem halben Liter Milch und ein paar Semmeln leben [musste]. Mir ging es hundsmiserabel in jeder Hinsicht." 4

Auch literarisch kommt er zehn Jahre nach Kriegsende in eine ernste Krise. Gerade hat er noch das Theaterstück "Die Hässlichen" verfasst, als er sich mit den kunst- und theatertheoretischen Schriften von Bertolt Brecht auseinandersetzt, vor allem mit "Das kleine Organon", das ihn sehr beeindruckt. Obwohl Ende keine hohe Meinung von Brechts Charakter hat, ist er fest davon überzeugt, man könne nur noch auf seine Art für das Theater schreiben. Dies führt den Autor in einen Engpass, da Brecht voraussetzt, dass der Schriftsteller der Aufklärer, der Leser der Aufzuklärende sei. Michael Ende hingegen geht "grundsätzlich davon aus, dass [s]ein Leser mindestens genauso gescheit und aufgeklärt ist wie [er]". Er "will [s]einen Leser zunächst einmal unterhalten, [...] vielleicht sogar glücklich machen". 5

Ende der fünfziger Jahre setzt sich Michael für die Münchner Faschingsfeste ein. Hierfür schreibt er zum Beispiel "Der Finger des Schicksals oder Der Liebe Zaubermacht" oder "Die Sklavin und der Henkerssohn".

1956 bittet ein ehemaliger Schulkamerad aus dem Maximilians-Gymnasium den Schriftsteller, einen drei oder vier Schreibmaschinenseiten umfassenden Text für ein Bilderbuch zu verfassen. Anstatt des Bilderbuchtextes entsteht der zweibändige Roman "Jim Knopf". Durch dieses Buch entwickelt Michael Ende eine Freundschaft mit seinen Verlegern Lotte, Richard und vor allem mit Hansjörg Weitbrecht. Zudem überwindet der Autor seine finanzielle Krise. So geht er auf Lesereise und findet mit seiner Mutter eine neue Wohnung, zunächst in der Münchner Siegfriedstraße, dann in der Ainmillerstraße 13. Durch die vielen Preise für "Jim Knopf" ist der Schriftsteller finanziell unabhängig und kann seinem ursprünglichen Traum, für das Theater zu schreiben, wieder nachgehen. Er beginnt nun, das Stück "Die Spielverderber" zu schreiben.


Hochzeit
Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre besuchen Ingeborg Hoffmann und Michael Ende regelmäßig Rom. Hier macht ihr der Autor nach elf Jahren Freundschaft einen Heiratsantrag, die beiden vermählen sich am 7. August 1964 auf dem Kapitol. Walter Sedlmayr und Nina Adler sind die Trauzeugen. Nachdem Ingeborg in die Wohnung in der Ainmillerstraße eingezogen ist, kommt es zu Spannungen mit Michaels Mutter und Lise zieht allein in die Elisabethstraße.

Ein Jahr nach der Eheschließung besucht der Schriftsteller zu Weihnachten seinen Vater und fährt spät in der Nacht nach München zurück. Am nächsten Morgen, den 27. Dezember, erfährt er, dass sein Vater an einem Herzinfarkt gestorben ist. Obwohl Edgar seine Lebensgefährtin Lotte Schlegel als Alleinerbin bestimmt hat, setzt Michael für seine Mutter einen Erbteil durch.


Die neue Wohnsituation
1966 kauft Michael Ende ein 1415 erbautes Schloss im Mangfalltal, das preisgünstig zu erwerben ist. Jedoch stellt sich das Gebäude als stark baufällig heraus, sodass die vierjährige Renovierung die gesamten Ersparnisse des Ehepaars verschlingt. Schon im ersten Winter, den die beiden in dem ehemaligen Herrschaftsgebäude verbringen, müssen sie feststellen, dass sie unter diesen widrigen Umständen nicht länger im Mangfalltal leben können. 1971 wird das Schloss wieder verkauft, aber juristische Auseinandersetzungen sind auf Grund des Handels noch bis 1979 an der Tagesordnung.

Ein Jahr nach dem Erwerb des Gebäudes wird die Tragikomödie "Die Spielverderber" an den Städtischen Bühnen in Frankfurt uraufgeführt. Doch die Inszenierung misslingt und die Premiere scheitert. Nie wieder wird das Stück aufgeführt. Die erste Ausgabe von "Das Schnurpsenbuch", dessen Inhalt aus ungewöhnlichen Rätseln, Nonsens-Gedichten und Zaubersprüchen besteht, erscheint 1969, zehn Jahre später entsteht die Neufassung von Rolf Rettich.

Nach all den Schwierigkeiten im Mangfalltal, ziehen Michael Ende und Ingeborg Hoffmann nun nach Genzano, 25 Kilometer südlich von Rom, in die Villa Casa Liocorno, "Haus Einhorn", in der Valle dei Spiriti Beati ("Tal der Seligen"). Hier macht Michael bald nach dem Einzug Bekanntschaft mit dem Schriftsteller und Kunstkritiker Gustav René Hocke, dessen Buch "Die Welt als Labyrinth" für ihn ein Schlüsselwerk zum Verständnis der phantastischen Kunst und Literatur ist. In der Villa beendet der Autor einen fünf Jahre alten Buchplan: "Momo". Damals hatte der Fernsehsender WDR den Stoff als zu kritisch abgelehnt.

Der Umzug nach Italien hat darüber hinaus auch mit der in Deuschland herrschenden Eskapismus-Debatte zu tun, die Michael Ende als "richtiggehend erstickend" empfindet. In dieser Zeit nimmt man nur sozialkritische und politische Bücher ernst, während man die phantastische Literatur als "Fluchtliteratur" abweist. So muss sich der Autor ständig für seine Beschäftigung mit dem Phantastischen rechtfertigen. In Italien hingegen "kannst [du] sozialkritisch sein, aber [...] genauso gut phantastisch"6, es herrscht also künstlerische Freiheit und Toleranz. Natürlich ändert der Italienaufenthalt auch Michael Endes Deutschlandbild: "Man [sieht] ungeheuer viel an Positivem, und Negativem natürlich, [...] was man nicht sieht, solang man drinsteckt".7

Am 25. Juni 1973 stirbt nach langem Leiden seine Mutter Lise Bartholomä mit 81 Jahren an Magenkrebs in München. Nur wenige Monate später, am 11. Oktober, erscheint in "Die Welt" unter dem Titel "Märchen von der geraubten Zeit" die erste Besprechung zu "Momo" von Gustav René Hocke. Sechs Jahre lang hat Michael Ende an dem Roman mit vielen Unterbrechungen gearbeitet.

Der Weg zum Höhepunkt der Popularität
1975 verfasst Michael Ende das Libretto für eine Oper von "Momo und die Zeitdiebe". Schon drei Jahre zuvor sucht der Autor den Komponisten Hans Posegga auf und schlägt vor, seine Text zu vertonen. Daraus entsteht die Langspielplatte "Narrenprozession", auf die der Autor allerdings erschrocken reagiert und sie deshalb nicht auf den Markt bringt. Stattdessen verfasst dieser 1976 "Das Gauklermärchen", dessen Figuren noch von der Eskapismus-Debatte in Deutschland geprägt sind. Michael Ende setzt ein Kontrastprogramm entgegen: Als Protagonist wählt er einen Zirkusartisten, der für die Gesellschaft keinen praktischen Nutzen zu haben scheint. Erst zwei Jahre später wird die Musik wieder aufgegriffen: Michael Ende begegnet dem Komponisten und Orff-Schüler Wilfried Hiller. So entsteht eine produktive Zusammenarbeit, die bis zu Endes Tod andauert.

Ein Jahr nach der Begegnung mit Hiller beginnt die Arbeit an der "Unendlichen Geschichte". 1979 kann Michael Ende nach vielen Umständen das Werk vollenden und veröffentlichen lassen. In Folge erhält der Autor zahlreiche Preise und Auszeichnungen, die ihm internationales Ansehen verleihen. Als Reaktion erhält Ende über 1000 Einladungen zu Lesereisen, weshalb er nun mehrere Jahre unterwegs ist. Jedoch belastet ihn der Erfolg mehr, als dass er ihm Freude bereitet, da es "für den Autor [...] nach drei Wochen nervtötend [ist], wenn er immerfort dieselben Fragen gestellt bekommt [und] immerfort dieselben Antworten geben muss". 8 Begeisterte Leser besuchen sogar Endes Haus in Genzano, wobei sich der Autor selbst mit der Zeit immer mehr wie eine "öffentliche Einrichtung" 9 fühlt.

Und der Erfolg hält an: Am 11. Januar 1981 wird die musikalische Fabel in drei Akten "Der Lindwurm und der Schmetterling oder Der seltsame Tausch" mit Musik von Wilfried Hiller uraufgeführt. Zudem erscheint das Buch als Bilderbuch, illustriert von Manfred Schlüter. Im gleichen Jahr findet die Premiere der musikalischen Fabel "Tranquilla Trampeltreu, die beharrliche Schildkröte" in München statt, ein Jahr später wird die Fabel als "Bilderbuch mit Noten" veröffentlicht.

Ebenfalls im Jahr 1981 erhält Ende für sein Gesamtwerk den Janusz-Korczak-Preis sowie zusammen mit Wilfried Hiller den Deutschen Kinder- und Jugendschallplattenpreis für "Tranquilla Trampeltreu" und "Der Lindwurm und der Schmetterling". Im November desselben Jahres führen der SPD-Politiker Erhard Eppler und die Leiterin des kommunalen kontaktt(h)eaters Stuttgart, Hanne Tächl, mit Michael Ende ein Gespräch, das ein Jahr später als Buch mit dem Titel "Phantasie/Kultur/Politik" erscheint. 1982 wird "Die Schattennähmaschine", "Das Gauklermärchen. Ein Spiel in sieben Bildern sowie einem Vor- und Nachspiel", und "Die Ballade von Norbert Nackendick oder Das nackte Nashorn" veröffentlicht. Im selben Jahr erhält der Autor den Preis Lorenzo il Magnifico sowie Bronzi di Riace für sein Gesamtwerk und wird zum Autor des Jahres in Deutschland gewählt.

Doch in der Zeit des Erfolgs muss er auch eine große Niederlage verkraften: Die Verfilmung der "Unendlichen Geschichte". Michael Ende ist von der "Mischung aus E.T. und The Day After" 10 entsetzt. Trotzdem muss die schriftstellerische Arbeit weitergehen. Im Jahr 1983 erscheint das Buch "Der Spiegel im Spiegel", das Michael Ende seinem Vater widmet und das Taschenbuch "Michael Ende. Mein Lesebuch". Ein Jahr später wird am 14. Juni der "Trödelmarkt der Träume" mit Musik von Hiller uraufgeführt. Daneben erscheint "Der Goggolori", ein in bayerischer Mundart verfasster Originaltext mit hochdeutscher Übersetzung, der sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern auf Begeisterung stößt. Zudem entsteht zusammen mit dem Maler Friedrich Hechelmann das Bilderbuch "Ophelias Schattentheater" das sowohl junge als auch erwachsene Leser ansprechen soll. Im Februar 1985 findet ein Gespräch zwischen Joseph Beuys und Michael Ende statt, das unter dem Titel "Kunst und Politik" veröffentlich wird.


Schicksalsschläge
Mitten in der Zeit des Erfolgs stirbt am 27. März 1985 Endes Frau Ingeborg Hoffmann an einer Lungenembolie. Zwei Tage vor ihrem Tod hat sie sich die Verfilmung der "Unendlichen Geschichte" angeschaut, gegen die sie sich zutiefst gesträubt hat. Nach dem Kinobesuch legt sie sich ins Bett und steht bis zu ihrem Tod nicht mehr auf. Sie wird auf dem katholischen Friedhof in Rom in der Nähe des Grabes von Hans Christian Andersen begraben. Michael Ende verliert durch den Tod seiner Frau seine wichtigste Gesprächspartnerin. Er will nicht mehr länger in Genzano bleiben und zieht Anfang Juni nach München in eine Wohnung im Arabella-Park.

Wenige Wochen nach dem Tod seiner Frau führt Jörg Krichbaum ein Gespräch mit Michael Ende über die Kunst seines Vaters, da eine große retrospektivische Ausstellung über Edgar Ende und sein Werk geplant ist. Endes Verleger veröffentlicht das Gespräch unter dem Titel "Archäologie der Dunkelheit. Gespräche über Kunst und Edgar Ende".

In München muss sich der Autor erst wieder neu zurechtfinden, seine Pläne lassen sich nicht recht verwirklichen. Obwohl er sich bereits am 12. Juni 1985 mit weiteren Autoren, Künstlern und Interessenten trifft, um eine literarische Gruppe, "Der Pagat", zu gründen, wird dieses Vorhaben erst im Januar 1996, also nach Endes Tod, in die Tat umgesetzt. Im Jahr 1986 veröffentlicht Michael Ende seine Liedertexte im Buch "Trödelmarkt der Träume. Mitternachtslieder und leise Balladen". Kurz darauf trifft er auf Mariko Sato, eine Übersetzerin, die einige seiner Bücher ins Japanische übertragen hat. Schon seit seiner Kindheit interessiert sich Ende für Japan: 1959 hat er bereits das Hörspiel "Die Päonienlaterne" verfasst, das aber niemals aufgeführt wird. Mit Sato folgen vier Japanreisen, bei denen der Schriftsteller immer mehr von den japanischen Kunstformen fasziniert wird.

Im Juli 1986 findet die Premiere des Films "Momo" mit dem Regisseur Johannes Schaaf in Deutschland statt. Michael Ende ist nicht besonders begeistert davon, zeigt sich aber dennoch zufrieden, da er noch von den Auseinandersetzungen um den Film "Die unendliche Geschichte" und vom Tod seiner Frau geprägt ist. Am 16. Dezember stirbt auch noch Helmuth Ende, der Bruder seines Vaters. Auch er war ein wichtiger Gesprächspartner in der Jugendzeit sowie der letzte Familienangehörige für Michael. Kurz darauf zieht er mit Mariko Sato in eine Wohnung in der Sendlinger Straße, um der Einsamkeit zu entkommen.

Ein Jahr später wird die musikalische Clownerie "Die Jagd nach dem Schlarg" uraufgeführt, jedoch danach nie wieder auf die Bühne gebracht. Im Januar des Jahres 1988 eröffnet man die Ausstellung "Michael Ende und Wilfried Hiller", im September findet die Premiere von "Das Gauklermärchen" statt. Doch auch in diesem Jahr trifft den Schriftsteller ein weiterer schwerer Schicksalsschlag: Er muss feststellen, dass ihn sein früherer Steuerberater nicht nur betrogen, sondern auch Schulden in Millionenhöhe gemacht hat. Der Autor steht vor dem Bankrott.


Die letzten Jahre
Im Gegensatz dazu geht es im nächsten Jahr, 1989, wieder bergauf: Neben der Herausgabe von "Das Michael Ende Lesebuch", wird der Roman "Der Satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" veröffentlicht und zu einem Bestseller. Auch eine private Veränderung tritt im Leben des Autors ein: Michael Ende heiratet am 4. September Mariko Sato im kleinsten Freundeskreis. Das Jahr endet mit zahlreichen Preisen für "Der Wunschpunsch" und "Die unendliche Geschichte".

1990 ist das Jahr wichtiger Begegnungen und vieler Reisen: Anfang des Jahres ist Michael Ende bei einer japanischen Fernsehserie über Einstein engagiert, in der er Konsequenzen Einsteins Denkens aufzeigen soll, im Sommer reist der Autor als Sommerdozent nach Madrid. Im Oktober nimmt er bei der Frankfurter Buchmesse an einem literarischen Symposium teil, daneben wird in Stuttgart die Ausstellung "10 Jahre: Die unendliche Geschichte" eröffnet. Ebenfalls in dem Jahr erscheint seine Biographie, verfasst von Peter Boccarius, mit dem Titel "Michael Ende, Der Anfang der Geschichte".

Ein Jahr später wird am 17. Februar "Das Traumfresserchen" in Bremen mit Erfolg uraufgeführt, es folgen zudem Aufführungen in anderen Städten Deutschlands. In diesem Jahr erreicht Michael Ende auch seinen ersten gerichtlichen Erfolg: Im November 1984 hat die Erbengemeinschaft von Otto Reuther den Autor wegen seines Werkes "Der Goggolori" angeklagt, da er den altüberlieferten Sagenstoff, wie er von Otto Reuther in seinem Buch festgehalten wird, aufgegriffen hat. Aber das Gericht bescheinigt, dass Ende ein völlig selbständiges und eigenes Werk geschaffen hat.

Der Erzählband "Das Gefängnis der Freiheit" erscheint im August 1992. Jede Erzählung birgt eine andere Perspektive, eine spezielle Erzählweise und eine einzigartige stilistische Lösung. Im folgenden Jahr wird "Die Vollmondlegende" von Binette Schroeder zu einem Bilderbuch gestaltet. Obwohl die Gesamtauflage von Endes Büchern die 15-Millionen-Grenze übersteigt, wird er von den "großen" Literaturkritikern ignoriert. Michael Ende erklärt dies folgendermaßen: "Man darf von jeder Tür aus in den literarischen Salon treten: aus der Gefängnistür, aus der Irrenhaustür oder aus der Bordelltür. Nur aus einer Tür darf man nicht kommen, aus der Kinderzimmertür." 11 Sogar seine Erwachsenenbücher werden in der Regel auf Kinderbuchseiten rezensiert.

1994 veröffentlicht der Autor "Michael Endes Zettelkasten, Skizzen & Notizen", worin Märchen, Essays, Betrachtungen und Gedichte zu finden sind. Zudem spricht er zum ersten Mal in einem Werk über sein Leben. Sämtliche Märchen für Kinder erscheinen im Sammelband "Die Zauberschule und andere Geschichten". Im Winter wird "Der Rattenfänger" mit Musik von Wilfried Hiller uraufgeführt, wobei Michael Ende selbst mehrmals bei den Proben dabei ist.


Krankheit und Tod
Im Juni wird bei dem Schriftsteller Krebs diagnostiziert. Trotz mehrmaliger Untersuchungen in den vergangenen Jahren hat man die Krankheit nicht frühzeitig erkennen können. Auch eine Chemotherapie verläuft erfolglos. Dennoch beginnt der erfolgreiche Autor ein Libretto zu schreiben, aber "Mamonella oder der Geist in der Flasche" bleibt unvollendet. Da sich der Gesundheitszustand Endes immer mehr verschlechtert, wird er in die Filderklinik bei Stuttgart eingewiesen. Dort stellt sich zunächst eine leichte Besserung ein, doch der Schriftsteller stirbt am 28. August 1995 um 19.10 Uhr in der Klinik. Allerdings ist er sich sicher: "Hinter der Welt der sinnlichen Wahrnehmungen [gibt es] eine oder viele andere Welten, die wir zwar mit den Sinnen nicht wahrnehmen können, die aber ebenso wirklich sind, oder vielleicht sogar noch wirklicher" 12.

Am 1. September wird er auf dem Münchner Waldfriedhof begraben. Bei seiner Beerdigung singt der Theaterchor des Gärtnerplatz-Theaters den Schlusschor "Vom himmlischen und irdischen Glück" aus dem "Goggolori". Ludwig Valentin Angerer d. Ä. hat sein Grab gestaltet: ein aufgeschlagenes Buch aus Bronze, aus dem Michael Endes erfundene Wesen lebendig hervorkommen.

Auch der Autor selbst lebt in der Erinnerung der Menschen fort: Am 12. November 1995 findet im Gärtnerplatz-Theater eine Gedenkveranstaltung statt, ein Jahr später erhält der verstorbene Autor den Kurt-Laßwitz-Preis für "Der lange Weg nach Santa Cruz". 1997 kann man vom 19. Juni bis 21. September die Ausstellung "Michael Ende und seine phantastische Welt" in München bewundern. Zur selben Zeit eröffnet das Michael-Ende-Museum im Schloss Blutenburg. Auch fast zehn Jahre nach dem Tod des Autors finden Veranstaltungen statt: So präsentiert sich Garmisch-Partenkirchen zum 75. Geburtstag des Schriftstellers mit einer Michael-Ende-Ausstellung und zahlreichen Veranstaltungen zu Ehren des Autors.




































































































































1)HOCKE, Roman (1997): Die Suche nach dem Zauberwort. Das Leben von Michael Ende. In: Hocke, Roman und Thomas Kraft: Michael Ende und seine phantastische Welt. Stuttgart; Wien; Bern: Weitbrecht-Verlag in K. Thienmanns Verlag, S. 62.
2)Ebenda, S. 65
3)Ebenda, S. 73
4)Ebenda, S. 83
5)Ebenda, S. 85
6)Ebenda, S. 99
7)Ebenda
8)Ebenda, S. 113
9)Ebenda, S. 114
10)Ebenda, S. 122
11) Ebenda, S. 139
12)Ebenda, S. 141


Quellen: "Michael Ende und seine phantastische Welt", "Edgar Ende, Sein Leben und sein Werk", Kreisbote Garmisch-Partenkirchen, Garmisch-Partenkirchner Tagblatt